
Klimaneutralität beginnt im Kleinen – und braucht die Großen
Als Katja Dörner, Oberbürgermeisterin der Stadt Bonn, proklamierte: „Bonn ist wieder Hauptstadt!“ mag manch einen der rund 100 Zuhörenden im Saal ein nostalgisches Gefühl gepackt haben. Doch der Blick ist zukunftsgerichtet: „In keiner anderen Stadt wird so viel Energie über Balkonkraftwerke erzeugt“, ordnete Dörner ein. In einer Meldung des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ von September 2024 war Bonn aufgrund einer Auswertung der Unternehmensberatung Oliver Wyman zur „Balkonkraftwerk-Hauptstadt“ gekürt worden. Auf 1.000 Einwohnende entfallen der Beratung zufolge 5,16 installierte Mini-Solaranlagen – und die Installation lohne sich, so Dörner. Förderprogramme sollen ermöglichen, dass auch Menschen mit geringem Einkommen von der Energiewende profitieren.
Ein notwendiger Aspekt, denn, so bekräftigte Diplom-Meteorologe und Wettermoderator beim ZDF, Özdin Terli: „Physik gilt für alle. Alle müssen sich der Realität stellen“, womit er die Tatsache des Klimawandels und die Notwendigkeit des Klimaschutzes meinte. „Wir hinken komplett hinterher“, mahnte Terli und forderte zu einer schnellen Reduktion der CO2-Emissionen aus Öl, Kohle und Gas „auf null“ auf. Das Ökosystem dulde keinen zusätzlichen, menschlichen Eintrag von CO2 mehr.
Dass Unternehmen ihren Beitrag dazu leisten müssen und dies auch können, unterstrich Geschäftsleitungsmitglied Tobias Köhler vom Diakonischen Werk Bonn und Region. Am Abend zuvor hatte er den Bonner-Klimapreis im Alten Rathaus für das Werk entgegengenommen. „Der Dienst am Nächsten ist unsere ureigenste Aufgabe. Die Bewahrung der Schöpfung gehört ebenso dazu“, so Köhler. Im Jahr 2021 hat man intern die Projektgruppe Klimaschutz gegründet, „um die niedrig hängenden Früchte in Sachen Nachhaltigkeit“ zu ernten: Die Installation einer Photovoltaik-Anlage auf dem Dach des Stammhauses in der Kaiserstraße, die sukzessive Umstellung auf E-Autos, Ladesäulen, ein Fahrradpool für Mitarbeitende und ein groß angelegter Umwelttag für die Mitarbeiterschaft, um ein entsprechendes Mindset zu schaffen. Nachhaltigkeit könne auch wirtschaftlich sein, konstatierte Köhler, der rund 1.000 Mitarbeitende führt. Maßgeblich sei der Wille zum Switch. Seit 2023 hat die Diakonie eine Umweltbeauftragte.
Prof. Dr. Annette Scheersoi, Prorektorin für Nachhaltigkeit an der Universität Bonn, hob anschließend die Rolle von Wissenschaft und Bildung für nachhaltige Entwicklung hervor. Verantwortlich für rund 50.000 Menschen im universitären Betrieb, ist die Institution damit ein Riese in der Stadt. Mit dem holistischen Leitbild „Hole institution approach“ ausgestattet, das eine strukturelle, nachhaltige und inklusive Denk- und Handlungsweise verfolgt, hat man beispielsweise bereits 2019 auf Ökostrom umgestellt. Ein 2023 eingeführtes Abfallmanagementsystem, das über einen QR-Code an den Tonnen unmittelbare Sortierhilfe anbiete oder Upcycling-Workshops gehörten ebenfalls zum Nachhaltigkeits-Portfolio. Die Bewirtschaftung und Ausstattung der rund 300 genutzten Liegenschaften der Uni Bonn sei in diesem Sinne aber nicht immer einfach, erinnerte Scheersoi. Denkmalschutzauflagen machten manches kompliziert, aber auch hier verfolgt die Universität konsequent die gesetzten Ziele.
Abschließend betonte Dr. Giulia Pugnaghi als Leiterin des Programmbüros Klimaneutrales Bonn 2035 die Bedeutung gemeinsamer Anstrengungen von Stadtverwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft, um die ambitionierten Klimaziele zu erreichen und Bonn zu einer nachhaltigen, grüneren und lebenswerteren Stadt zu entwickeln. Die Reduktion der Treibhausgasemissionen um 93 % bis 2035 im Vergleich zu 2020 sei nur gemeinsam zu schaffen.
Bildquelle: Bundesstadt Bonn